Geplante Zensuren für Milchalternativen

Der Änderungsantrag 171 könnte einen herben Rückschlag für die vegane Bewegung bedeuten. 

Straßburg. Das EU-Parlament stimmte am 23. Oktober 2020 im Rahmen der Abstimmung zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für den Änderungsantrag 171 und setzt so die Fortführung einer Zensur von Milchalternativen in Gang. Laut diesem dürfen Pflanzendrinks in Beschreibungen zukünftig nicht mehr mit Milch verglichen, wie sie verpackt oder beworben werden. Konkret bedeutet das, dass Begriffe wie „pflanzliche Alternative zu Milch“, „wie Milch“, „sahnig“ und sogar eine ähnliche Verpackung verboten sind. Des Weiteren darf nicht auf die gesundheitlichen Vorteile oder auf die bessere Öko-Bilanz von Milchalternativen aufmerksam gemacht werden.

Die Grundlage für diesen Antrag ist die EU-Verordnung über landwirtschaftliche Erzeugnisse, die besagt, dass der Begriff „Milch“ nur verwendet werden darf, wenn tierische Milchprodukte beschrieben werden. Gleiches gilt für Sahne, Butter, Joghurt und Käse. Bereits hier widerspricht sich das EU-Parlament jedoch, denn der Änderungsantrag 165, der auf die Einschränkung von Begriffen für pflanzliche Fleischalternativen abzielte, wurde am selben Tag nicht bewilligt. Demnach ist es weiterhin erlaubt, pflanzliche Lebensmittel als „Burger“, „Wurst“ oder „Steak“ zu bezeichnen.

Weshalb wird dies also nicht für pflanzliche Milchalternativen genehmigt? Der Europäische Milchindustrieverband äußert dazu, dass der Schutz von Begriffen, die Kuhmilch beschreiben, wichtig für den gesamten europäischen Milchsektor sei. Der Beschluss soll garantieren, dass die Produkte tatsächlich aus Kuhmilch bestehen. Ein weiterer Grund sei, Verbraucher*innen vor Verwechslungen zu schützen.

Ein Rückschlag für den Tierschutz

Der Antrag des EU Parlaments widerspricht dem ambitionierten „Green Deal“ der EU Kommission, laut dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Im Zentrum steht dabei die „Farm to Fork Strategy“, die ein umweltfreundliches, gesundes und faires Lebensmittelsystem voran bringen soll. Die Kommission empfehlt hier sogar einen Übergang zu einer hauptsächlich pflanzlichen Ernährung. Abgesehen davon, dass die Produktion von Pflanzendrinks einen viel geringeren CO2-Ausstoß als die Herstellung von Kuhmilch verursacht, die noch immer eine der größten Verantwortlichen für den Klimawandel ist, ist der Beschluss aus Tierschutzperspektive ein großer Rückschlag. Milch und Milchprodukte, hinter denen immenses Tierleid steht, werden weiterhin legitimiert, während der Wandel hin zu einer tier- und klimafreundlicheren Ernährung blockiert wird.

Denn der Änderungsantrag 171 legt vor allem der veganen Bewegung Steine in den Weg, indem Verbraucher*innen, die an einer pflanzlichen Ernährung interessiert sind, keine eindeutigen Hinweise auf Alternativen mehr erhalten. So werden sie nicht weniger, sondern zusätzlich verwirrt, denn wo vorher „ohne Milch“ stand, darf kein Vergleich mehr gezogen werden, was die Auswahl der Produkte erschwert. Zudem sehen sich Produzent*innen von Pflanzendrinks mit hohen Kosten konfrontiert, um die bestehenden Produkte umzubenennen, neu zu verpacken und anders zu bewerben. Der Deutsche Tierschutzbund fordert das Europäische Parlament, den EU-Ministerrat und die Europäische Kommission dazu auf, ihre Verantwortung für die Tiere, das Klima und unseren Planeten wahrzunehmen und den Änderungsantrag 171 abzulehnen und appelliert gemeinsam mit 16 weiteren Tier- und Verbraucherschutzorganisationen mit einem gemeinsamen Brief an Bundesministerin Julia Klöckner, sich dafür einzusetzen, pflanzliche Milchalternativen nicht zu zensieren.