So kleidest Du Dich tierfreundlich

Leder, Wolle, Pelz, Daunen und Seide: Die meisten Menschen besitzen Kleidungsstücke aus diesen Materialien. Die wenigsten von ihnen machen sich Gedanken darüber, dass die Tiere dafür schlimme Qualen ertragen und ihr Leben geben müssen. Dabei ist der Modemarkt längst voller pflanzlicher Alternativen, die so innovativ wie alltagstauglich sind.

Mode auf Kosten der Tiere

Die meisten Menschen haben eine Einstellung zu Mode aus echtem Pelz: Sie lehnen diese ab. Immer mehr exklusive Modemarken kündigen an, auf Tierpelze bei ihren Designs zu verzichten. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen haben Tierschutzorganisationen wie der Deutsche Tierschutzbund für Aufklärung gesorgt: Mitglieder der Fur Free Alliance konnten einiges in den Köpfen und in der Industrie bewirken. Darüber hinaus ist die Pelzindustrie längst nicht mehr so lukrativ, wie sie es einmal war. Im Interview mit DU UND DAS TIER, das Magazin des Deutschen Tierschutzbundes, erklärt die stellvertretende Geschäftsführerin Wissenschaft beim Deutschen Tierschutzbund Dr. Henriette Mackensen, weshalb die Pelzproduktion bei Weitem nicht mehr so rentabel ist, wie sie es einmal war, und was die genauen Gründe dafür sind.

Leider vergessen viele Menschen, dass nicht nur hinter Pelz enormes Tierleid steckt, sondern auch für Produkte aus Leder Tiere sterben. Diese stufen sie als vermeintliche Nebenprodukte ein, die bei der Fleischproduktion anfallen, und betrachten sie als ethisch vertretbar. Sie sind der Auffassung, dass die Verwendung des gesamten Tieres nachhaltig sei. Allerdings ist Leder keineswegs nur ein Nebenprodukt. Die Herstellung ist ein Milliardengeschäft, das unzählige Tiere ihr Leben kostet. So erfolgen schätzungsweise 40 Prozent der weltweiten Schlachtungen nur für Leder – nachdem die Tiere unter qualvollen Umständen leben mussten. Tierschützer*innen deckten auf, dass auch Häutungen von Rindern, Schlangen und Kängurus bei vollem Bewusstsein vollzogen werden.

 

Verstecktes Leid

Außerdem ist vielen Menschen nicht bewusst, dass auch das Luxusmaterial Seide nicht vegan ist. Um an den wertvollen Stoff zu kommen, muss der Echte Seidenspinner als regelrechtes „Nutztier“ tierschutzwidrige Methoden über sich ergehen lassen. Wie genau der Stoff produziert wird, erfährst Du in unserem ausführlichen Artikel zu dem Thema in DU UND DAS TIER, das Magazin des Deutschen Tierschutzbundes. Auch Daunen und Wolle entsprechen bei Weitem nicht dem harmlosen Bild, das die Modebranche ihren Konsument*innen zu verkaufen versucht. Viele Gänse werden lebendig gerupft, was bei den Tieren schlimme Schmerzen verursacht. Mastgänse erleiden dieses Prozedere bis zu viermal vor ihrer Schlachtung und Zuchtgänse sogar bis zu fünfzehnmal in ihrem Leben.

Auch die Produktion von Angorawolle gleicht einer Tortur, denn teilweise müssen die Tiere stundenlang den schmerzhaften Rupf erleiden. Um an die begehrte Merinowolle zu kommen, ist in Australien die grausame Praxis namens „Mulesing“ üblich. Damit die mit übernatürlich vielen Hautfalten gezüchteten Schafe im Afterbereich nicht von Fliegenmaden befallen werden, entfernen die Halter*innen bei Lämmern die Hautfalten um den After- und den Vulvabereich mit einer speziellen Schere. Das sind nur ein paar Gründe, um tierischen Textilien den Rücken zuzukehren und die wunderbare Vielfalt an veganen Alternativen zu entdecken.

 

 

Vegane Alternativen zu Leder

Die Industrie hat längst bewiesen, dass kein Tier für Textilien leiden muss. Kunstleder hat schon lange einen festen Platz in der Modebranche. Während hier der Vorteil ist, dass dieser Stoff vegan ist, so gerät er immer wieder in Kritik, negative Auswirkungen auf die Umwelt zu haben. Laut dem Higg MSI-Index, der Materialien in der Modebranche in puncto Nachhaltigkeit bewertet, schneidet Polyurethan, das zu den ungiftigen Kunststoffen gehört, kurz PU, jedoch viermal besser ab als tierisches Leder. Recycelte Kunststoffe, zum Beispiel aus PET-Flaschen, sind noch nachhaltiger. Darüber hinaus war die Forschung nicht untätig und platzierte in den letzten Jahren zahlreiche Alternativen für Leder auf dem Markt, die sowohl nachhaltig als auch langlebig sind. Ein besonders bemerkenswertes Beispiel hierfür ist Pilzleder. Dieses stellen Produzent*innen aus Myzel her. Hinter dem Begriff Myzel steckt in der Natur ein riesiges unterirdisches, fadenförmiges Wurzelgeflecht, das für Pilze ein wichtiges Kommunikationsmittel ist. Im Labor züchten Forscher*innen dieses nach, indem sie die Zellen mit organischen Abfällen wie Mais und Sägespänen füttern. So erschaffen sie ein festes Gewebe, aus dem sie anschließend Schuhe, Handtaschen, Portemonnaies und Co. herstellen können. Für diesen Prozess sind sehr wenige Ressourcen notwendig, der Wasserverbrauch ist äußerst niedrig und das Myzel wächst schnell nach. Bei der Herstellung kommen keine toxischen Chemikalien zum Einsatz und das Material ist ökologisch abbaubar.

 

 

 

Das gilt auch für andere vegane Lederalternativen. Kaktusleder beispielsweise hat eine lange Lebensdauer und fühlt sich wie tierisches Leder an. Die Herstellung ist sehr nachhaltig, denn der Kaktus benötigt wenig Wasser, wächst auf Flächen, die ansonsten nicht verwendbar sind und speichert als Pflanze zusätzlich CO2. Nicht nur Kleidung und Accessoires können so nachhaltig produziert werden, sondern auch Möbel und die Innenausstattung von Autos. Besonders ressourcenschonend ist darüber hinaus die Verwendung von Lebensmittelabfällen: Statt in den Müll zu wandern, entstehen aus eigentlich unbrauchbaren Resten des Anbaus von Ananas, Äpfeln, Birnen, Mangos und weiteren Obstsorten Lederalternativen. Insbesondere Bananenfasern gehören zu den stärksten Naturfasern und bringen dementsprechend ein immenses Potenzial für die nachhaltige Modeindustrie mit. Auch für Kork müssen die Produzent*innen nicht extra Bäume fällen, denn sie schälen die Rinde lediglich alle acht bis zwölf Jahre ab. Gerade bei nachhaltiger Mode setzen Visionärinnen und Visionäre den Fokus auf erneuerbare Rohstoffe – wie die Baumrinde reproduziert sich auch bakterielle Nanocellulose unendlich. Daraus entsteht sogenanntes Bucha Leder, das flexibel und reißfest ist. Der Herstellungsprozess beansprucht gerade einmal 22 Tage und kein Tierleid.

Vegane Alternativen zu Wolle

Da die Produktion von Wolle großes Leid bei Schafen verursacht, ist Bio-Baumwolle eine gute Alternative. Im Gegensatz zu herkömmlicher Baumwolle kommen bei der Produktion der Bio-Variante weniger Wasser und keine Pestizide zum Einsatz. Nachhaltige Modeunternehmen setzen nur auf diese Variante, aber auch immer mehr Fast-Fashion-Geschäfte gehen den Trend mit. Auch bei Alternativen zu Wolle setzen Hersteller*innen zudem auf Abfälle der Lebensmittelindustrie. So entstehen Kaffeefasern aus bereits verwendetem Kaffeesatz großer Café-Ketten. In einem energiesparenden Vorgang kombinieren Produzent*innen es unter niedrigen Temperaturen und hohem Druck mit Polymeren, einem chemischen Stoff aus Makromolekülen, und spinnen daraus anschließend Garn. Vor allem Unternehmen, die Outdoor-Kleidung anbieten, profitieren von den positiven Eigenschaften dieser Faser: Sie trocknet 200 Prozent schneller als Baumwolle, absorbiert Gerüche und reflektiert UV-Strahlen. In puncto Nachhaltigkeit ist Seetang eine unschlagbare Pflanze: Er ist ein erneuerbarer und der am schnellsten wachsende Organismus der Welt. Es ist schwer vorstellbar, mit Algen stricken zu können, doch nach der Kombination mit Biopolymeren entsteht eine starke und dehnbare Textilfaser. Neben diesen Beispielen bilden auch Hanf-, Leinen- sowie Brennnesselfasern und selbst Getreidesorten die Basis für spannende textile Innovationen, die tierische Wolle ersetzen können.

 

 

Vegane Alternativen zu Seide

Einigen Menschen ist gar nicht bewusst, dass Seide kein veganes Produkt ist. Für die Produktion werden Echte Seidenspinner benötigt, denn ihr Kokon besteht aus dem begehrten Stoff. Hersteller*innen halten die Tiere wie „Nutztiere“, die sie mit heißer Luft oder heißem Wasserdampf qualvoll töten. Dabei gibt es genügend Alternativen, die ganz ohne Tierleid auskommen. Aus Bambusfasern zum Beispiel entsteht Bambusviskose – ein Synthesegarn, das für feine Kleidung wie Unterwäsche und Socken geeignet ist. Eine weitere Alternative ist Sojaseide: Richtig gehört, die Hülsenfrucht beschenkt uns nicht nur mit köstlichen Lebensmitteln wie Tofu und Tempeh, sondern ist auch die Basis für einen zarten, biologisch abbaubaren Stoff. Filigrane Materialien können Produzent*innen auch mithilfe von Lotusfasern herstellen. Diese befinden sich in Lotusstängeln, die sich gewaschen, getrocknet und gewebt in das Luxusmaterial Lotusseide verwandeln. Viele faire Modelabels verwenden darüber hinaus innovative Viskosefasern, die sie aus nachhaltigem Holz und Zellstoff produzieren. Diese zertifizierten Stoffe stammen aus kontrollierten Quellen und verursachen 50 Prozent weniger Emissionen und Wasserbelastung im Vergleich zu herkömmlicher Viskose.

Vegane Alternativen zu Daunen

Daunen sind vor allem im Winter ein beliebtes Füllmaterial für Bettwäsche und Daunenjacken – zum Leid der Tiere. Doch echte Federn sind längst nicht mehr notwendig, um wärmende Mode herzustellen. Statt Gänse- und Entendaunen zu verwenden, setzen einige Unternehmen bereits Wildblumen aus einem Naturreservat ein. Von diesem profitieren gleichzeitig die Bienen, denn die Mitarbeiter*innen säen die Samen der Blumen erneut aus, sodass ein Kreislauf entsteht. Mit Biopolymeren verbunden entsteht aus den Blütenblättern eine daunenartige Struktur, die robust ist und wärmt. Neben den bereits erwähnten Bambus- und Hanffasern sowie Baumwolle eignet sich auch Kapok als Alternative zu Daunen. Das umweltschonende Material kann als Textilgemisch viel bewirken – allein das Zugeben von Kapok zu einem Kilogramm Baumwolle kann 3.000 Liter Wasser einsparen. Aufgrund seiner weichen Beschaffenheit werden die Fruchtwandfasern des Kapokbaumes auch als Pflanzendaunen bezeichnet.

 

Modisch mit Tierliebe

Wie Du siehst, gibt es genügend vegane Alternativen zu Leder, Wolle und Daunen. Sie eignen sich für jede Jahreszeit und sind meist in nachhaltigen Geschäften erhältlich. Achte beim Kauf auf bestimmte Siegel, die versichern, dass die verwendeten Materialien pflanzlichen Ursprungs und nachhaltig sind. Bei zertifizierter Mode kannst Du Dir sicher sein, Deinen negativen Einfluss auf die Tiere und die Umwelt geringer zu halten. Auch in der Fast-Fashion-Industrie kommt dieser Trend immer mehr an und die Hersteller*innen setzen auch hier zunehmend auf alternative Textilien. Leider sind die Arbeitsbedingungen für die Menschen hier meist sehr schlecht, sodass diese Geschäfte nicht so empfehlenswert sind wie faire Label. Am umweltfreundlichsten ist es, gebrauchte Kleidung einzukaufen: Hier kannst Du die Verkäufer*innen ebenfalls fragen, ob die verwendeten Materialien vegan sind, egal ob im Geschäft oder bei privaten Händler*innen. Für Vintage-Mode müssen keine Ressourcen aufgewendet werden, da die fertigen Stücke bereits existieren. Wenn Du noch mehr über das Thema vegane Mode erfahren möchtest, dann findest Du hier weitere Informationen.

 

Von Melanie Frommelius, Redakteurin beim Deutschen Tierschutzbund