Was ist vegane Landwirtschaft?

Gemüse, Obst, Getreide und Co. sind vegan – klare Sache. Aber warum ist es der Anbau dieser Lebensmittel meist nicht? Wir erklären Dir, was tierische Bestandteile beim Anbau veganer Lebensmittel zu suchen haben und was genau hinter biozyklisch-veganer Landwirtschaft steckt.

Warum ist Landwirtschaft meist nicht vegan?

Vegan einzukaufen ist bei der Vielfalt an Gemüse- und Obstsorten, Nüssen und Hülsenfrüchten sowie den zahlreichen pflanzlichen Alternativen heutzutage so einfach wie noch nie. Gerade landwirtschaftliche Erzeugnisse bilden die Basis für eine Vielzahl an veganen Gerichten. Während Obst, Gemüse und Co. natürlich vegan sind, ist es der Anbau meist nicht. Im Gegenteil: Ob Bioprodukte oder konventionelle Erzeugnisse, für den Anbau kommen meist tierische Dünge- und Betriebsmittel zum Einsatz. Es gehört zur Arbeit von Landwirt*innen, tierische Gülle und Schlachtabfälle auf ihren Feldern zu verteilen. Diese Vorgehensweise ist gang und gäbe, da unser gesamtes Lebensmittelsystem eng mit der tierhaltenden Industrie verknüpft ist. Visionärinnen und Visionäre arbeiten allerdings schon daran, die derzeitige Praxis ordentlich auf den Kopf zu stellen und haben Anbaumethoden ins Leben gerufen, die gänzlich ohne tierische Bestandteile auskommen.

 

Was ist die biozyklisch-vegane Landwirtschaft?

Wie bringen die Landwirtinnen und Landwirte ihr Obst und Gemüse zum Wachsen? Eine erprobte Methode, um Landwirtschaft ohne tierische Bestandteile zu betreiben, ist die sogenannte Gründüngung. Bei dieser führen die Landwirtinnen und Landwirte dem Boden zusätzliches organisches Material, also Stoffe aus der Natur wie Kleegras, Leguminosen oder Abfallprodukte aus der Lebensmittelindustrie, zu und steigern so die Fruchtbarkeit des Bodens. Eine weitere wichtige Strategie, um die Böden zu schonen, ist Pflanzen nicht als Monokulturen anzubauen. In der konventionellen Landwirtschaft wird ein Feld oft nur mit einer Nutzpflanzenart bestückt. Doch der biozyklisch-vegane Anbau hat einen anderen Ansatz: Landwirtinnen und Landwirte setzen auf Zwischenfrüchte oder Mischsaaten. So kommen bei Mischsaaten gleich mehrere verschiedene Sorten auf das Feld. Zwischenfrüchte hingegen werden zwischen den Hauptsorten angebaut. Konkret bedeutet dies, dass über einen langen Zeitraum nicht nur eine Pflanze dem Boden immer dieselben Nährstoffe entzieht, sondern gleichzeitig oder abwechselnd verschiedene Arten mit unterschiedlichen Ansprüchen darauf wachsen. Auf diese Weise kann sich der Boden immer wieder erholen.

 

 

 

Insbesondere Leguminosen – auch Hülsenfrüchte genannt – verfügen als Zwischenfrüchte über immenses Potenzial, denn sie besitzen ein ungeahntes Talent: Sie gehen eine Symbiose mit Knöllchenbakterien ein, die Stickstoff aus der Luft binden. Diesen stellen sie den angebauten Pflanzen in einer für sie nutzbaren Variante zur Verfügung. Ein Teil bleibt sogar für die darauffolgende Kultur übrig. Auf diese Weise gehen keine Nährstoffe verloren – ganz im Gegensatz zur Düngung mit tierischen Bestandteilen. Ein echter Kreislauf also.

In diesen fügen Landwirtinnen und Landwirte auch Ernterückstände oder Abfälle der Lebensmittelproduktion bei. Stroh, Braunalgen, Getreidespelzen und Blätter enthalten zum Beispiel wichtige Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor, die sich wunderbar als Dünger eignen. Für eine Methode, die sich „Cut and Carry“ nennt, bauen die Produzent*innen auf einem zusätzlichen Feld Kleegras an, das sie auf das ursprüngliche Feld tragen und dort als Dünger verteilen.

 

Was sind die Vorteile biozyklisch-veganer Landwirtschaft?

Die meisten Landwirtinnen und Landwirte setzen auf eine biozyklisch-vegane Landwirtschaft, weil sie ihre eigenen Werte und ihre Arbeit in Einklang bringen möchten. Aus Respekt für die Tiere entscheiden sie sich für eine Anbauweise, die ohne ihre Ausbeutung auskommt. Darüber hinaus ist sie nachhaltig, denn im Gegensatz zu der energieintensiven Industrieproduktion steht die Natur bei der biozyklisch-veganen Landwirtschaft im Fokus: Der Anbau richtet sich nach den Ansprüchen des Bodens – nicht umgekehrt. Durch den entstehenden Kreislauf und die konstante ressourcenschonende Rückführung von Nährstoffen profitiert die Umwelt. Eine Zunahme der biozyklisch-vegan bewirtschafteten Fläche hätte langfristig zur Folge, dass Landwirtinnen und Landwirte mehr Humuserde einsetzen würden und die globale Humusmenge so anwachsen würde. Doch nicht nur dieser Aspekt würde zu einer Reduktion des CO2-Gehalts in der Atmosphäre führen: Würde die „Nutztier“haltung in der Landwirtschaft wegfallen, so würden bis zu 70 Prozent weniger Treibhausgase bei der Nahrungsmittelproduktion anfallen. Schließlich stammt der größte Teil der ernährungsbezogenen Emissionen aus der Tierhaltung.

Auch die Artenvielfalt profitiert von der biozyklisch-veganen Anbauweise: Die Landwirtinnen und Landwirte legen unter anderem Stein- oder Totholzhaufen für Amphibien, Reptilien, Igel oder Füchse an und bauen beispielsweise Blühstreifen in die Landschaftsgestaltung ein. Abgesehen davon umgeht diese Form der Landwirtschaft die Nitrat-Belastung, die ein unerwünschter Nebeneffekt der konventionellen Anbauweise ist. Da tierischer Dünger wasserlöslich ist, gelangt dieser nicht nur zur Pflanze, sondern ungefiltert in den gesamten Boden und in unser Grundwasser und kann negative gesundheitliche Folgen haben.

 

 

 

Darüber hinaus hat die biozyklisch-vegane Anbauweise auch Vorteile für uns Menschen, denn dank der hohen Fruchtbarkeit der Erde kann darauf ausreichend Nahrung wachsen. „Eine Studie in Großbritannien hat gezeigt, dass die Erträge eines veganen Systems im Allgemeinen mit den durchschnittlichen ökologischen Erträgen im Vereinigten Königreich vergleichbar sind oder diese übertreffen. Das liegt unter anderem daran, dass wir bei einem biozyklisch-veganen Anbau alle verfügbaren Ackerflächen für den menschlichen Verzehr nutzen würden. Aktuell dienen 57 Prozent dem Futtermittelanbau, weltweit sind es im Durchschnitt ganze 40 Prozent der Ackerflächen“, so Dr. Isabel Knößlsdorfer, Referentin für Veganismus beim Deutschen Tierschutzbund. Die bio-vegane Landwirtschaft könnte außerdem kleinbäuerliche Betriebe im globalen Süden unterstützen. Dank der Kreislaufwirtschaft könnten die ansässigen Landwirtinnen und Landwirte lokal verfügbare Ressourcen nutzen, sie könnten die Bodenfruchtbarkeit steigern, Erträge langfristig und nachhaltig gewährleisten und sie wären wirtschaftlich nicht mehr so abhängig von Großkonzernen, von denen sie Pestizide, Düngemittel und Saatgut beziehen. Auch hierzulande könnte diese Anbauweise dem Höfesterben entgegenwirken.

 

Wo sind biozyklisch-vegane Lebensmittel erhältlich?

Der biozyklisch-vegane Anbau ist eine Nische – noch. Zwar ist die Haltung von Tieren und die intensive Nutzung von Böden nach wie vor tägliche Praxis, doch die Betreiber*innen rein veganer Höfe glauben an eine Zukunft gänzlich ohne Tierhaltung. Einer von ihnen ist Clemens Hund: Er war der erste Landwirt in Deutschland, der auf den biozyklisch-veganen Anbau umgestellt hat. Im Porträt stellen wir den beeindruckenden Visionär in DU UND DAS TIER, das Magazin des Deutschen Tierschutzbundes, vor, veranschaulichen die Hürden, aber auch das immense Potenzial der Landwirtschaft ohne „Nutztiere“. Produkte wie seine sind in ausgewählten Online-Shops erhältlich. Zusätzlich lohnt es sich, in Bioläden und Supermärkten die Augen nach den entsprechenden Kennzeichnungen offen zu halten. Außerdem tummeln sich die biozyklisch-veganen Produkte auch auf manchen Wochenmärkten.

Bis sie leichter zugänglich sind, lebst Du selbstverständlich auch vegan, wenn Du Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse aus konventionellem oder Bio-Anbau kaufst. In einem System, das auf der Ausbeutung von Tieren basiert, kannst du den sogenannten Nutztieren so Deinen Respekt und Dein Mitgefühl zeigen. Wenn Du noch mehr über die praktische Seite der biozyklisch-veganen Landwirtschaft erfahren möchtest, dann wirf einen Blick in DU UND DAS TIER. Alina Gieseke, Projektassistentin beim Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau, verrät uns im Interview unter anderem wie der Umstieg auf die rein pflanzliche Landwirtschaft praktisch funktioniert, wie viele Betriebe in Deutschland bereits so arbeiten und welche Wünsche sie an die Politik hat.

Von Melanie Frommelius, Redakteurin beim Deutschen Tierschutzbund

So lecker ist Tierschutz

Mit 150 Rezepten von prominenten Köch*innen zeigen „Tierschutz genießen“ und „Tierschutz genießen – Das Backbuch“ wie spielend leicht es ist, vegan zu schlemmen: Ob herzhafte Quiche, Burger und Schupfnudeln oder süße Kuchen, Cupcakes und Torten – hier bleiben keine Wünsche offen. Die Bücher sind für jeweils 24,95 € im Buchhandel vor Ort und online erhältlich. Das Beste ist: Mit dem Kauf der Bücher machst Du nicht nur Deine Geschmacksknospen glücklich, sondern unterstützt auch noch aktiv den Tierschutz. Mit jedem einzelnen veganen Gericht und mit Deiner Entscheidung für pflanzliche Zutaten kannst Du einen wertvollen Beitrag leisten und den unzähligen Rindern, Hühnern, Schweinen und all den anderen Tieren, die in der Landwirtschaft leiden, eine Stimme geben. Weitere Informationen findest Du auf www.tierschutz-genießen.de