Fünf Mythen zum Thema Soja
Soja ist schlecht für das Klima, die Umwelt und den Menschen. Was ist an diesen Mythen dran und welches Potenzial steckt in der Hülsenfrucht tatsächlich? Wir klären über die gängigsten Vorurteile auf.
Vegan lebende Menschen müssen in Gesprächen oft mit Gegenwind zurechtkommen. Ein Klassiker unter den vermeintlichen Argumenten gegen die pflanzliche Lebensweise sind die Bedenken in Bezug auf Soja: Der Anbau der Hülsenfrucht zerstöre den Regenwald und sei aufgrund der langen Transportwege schlecht für das Klima. Dabei sollte in dieser Diskussion nicht die vegane Ernährungsweise im Fokus stehen, sondern die Tierhaltung. Denn zwar stimmt es, dass der Anbau von Soja eine Teilverantwortung für die Rodung des südamerikanischen Regenwaldes trägt. Doch ein erheblicher Teil des globalen Sojaanbaus dient nicht der direkten menschlichen Ernährung.
Tatsächlich werden 77 Prozent des weltweit angebauten Sojas als Tierfutter verwendet. Nur 19 Prozent sind für die Produktion von Sojaöl, das auch in verarbeiteten Produkten steckt, bestimmt. Ein Bruchteil dient der Herstellung von Tofu, Sojadrink und anderen direkt konsumierten Sojaprodukten. Somit ist nicht primär die vegane Ernährung für die Zerstörung des Regenwaldes verantwortlich, sondern unter anderem die Tierhaltung. Wer gerne Sojadrink, Tofu oder Soja„schnitzel“ in Deutschland kauft, konsumiert mit hoher Wahrscheinlichkeit Soja aus der EU, welches nicht im Regenwaldgebiet angebaut wird.
Nicht nur in Bezug auf das Klima und die Umwelt, sondern auch bezüglich der menschlichen Gesundheit hat Soja einen schlechten Ruf. Zurecht? Nein, denn die Hülsenfrucht ist reich an Protein, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Fälschlicherweise gelten pflanzliche Eiweiße oft als minderwertig – dabei sind sie es keineswegs. Insbesondere die Sojabohne ist ein wahres Superfood, denn das darin enthaltene Protein kann mit der tierischen Variante mithalten. Sie ist dementsprechend eine wunderbare, tierfreundliche Alternative für tierisches Protein.
Darüber hinaus verfügt die Hülsenfrucht über einen hohen Gehalt an Isoflavonen. Diese ähneln in ihrer Struktur dem weiblichen Östrogen. Einige Studien weisen darauf hin, dass das Risiko für Krebserkrankungen des Magen-Darm-Bereichs und für Gebärmutterschleimhautkrebs bei regelmäßigem Verzehr sinken kann. Essen schon Kinder und Jugendliche regelmäßig Sojaprodukte, sinkt bei ihnen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens anderer Krebsarten wie Prostatakrebs kann durch den Sojakonsum reduziert werden. Grundsätzlich gilt, dass sowohl gesunde als auch erkrankte Menschen stets mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt bei Bedarf bezüglich ihrer Ernährung Absprache halten sollten.
Sojaprodukte wie Tofu und Tempeh sind in ihrem Urzustand fast geschmacksneutral. Sie nehmen das Aroma von Gewürzen und Marinaden gut auf, was sie zu sehr vielseitigen Zutaten macht. Da vor allem Tofu über keinen intensiven Eigengeschmack verfügt, lässt er sich in völlig unterschiedliche Gerichte verwandeln. Genau wie bei tierischen Produkten wie Fleisch hängt der Geschmack eher von der Zubereitung und weniger von den Zutaten ab. Schließlich verzehrt wohl kaum jemand Fleisch im ungewürzten Zustand. Wer mit Sojaprodukten noch nicht vertraut ist, kann sich auf eine wunderbare Palette an Gerichten freuen. Tofu ist in seinen verschiedenen Ausführungen ein wahres Multitalent: Ob morgens als Rühr- oder Frühstückstofu, knusprig angebraten oder als pflanzliche Alternative für Ente – Tofu kann alles sein. Auch in geräucherter Form ist er eine perfekte Ergänzung für Lasagne. Statt Speck oder Würstchen zu verwenden, kannst Du ihn auch in veganer Spaghetti „Carbonara“ oder polnischem Bigos einsetzen. Als Nachtisch stellt Seidentofu die perfekte Basis für ein köstliches Dessert dar. Ähnlich facettenreich sind Sojaschnetzel, die Du wunderbar marinieren, kross anbraten und als herrlichen Salat servieren kannst.
Darüber hinaus bieten Supermärkte eine große Bandbreite an fertigen pflanzlichen Alternativen. Die riesige Auswahl an veganen „Schnitzeln“, „Nuggets“, Grillspießen, „Steaks“ und marinierten Tofufilets ist überwältigend – und das sind nur ein paar Beispiele. Die verschiedenen Produkte schmecken alle unterschiedlich, sodass für jede*n etwas dabei ist. Im Blindtest erkennen viele Menschen oft nicht, ob es sich um Fleisch oder eine vegane Alternative handelt, da die Konsistenz so überzeugend ist.
Viele Menschen betrachten Tofu, Tempeh und andere Sojaprodukte als bloßen Fleischersatz. Seit die vegane Lebensweise global an Bedeutung gewonnen hat, sind diese Zutaten tatsächlich in den meisten Supermärkten zu finden. Doch ursprünglich waren sie keine Erfindung der veganen Szene, denn in Wahrheit haben sie bereits eine sehr lange Tradition. Wann Tofu zum ersten Mal hergestellt wurde, ist zwar nicht sichergestellt, doch erste Nennungen gab es in China vermutlich 965 n. Chr. In Ländern des asiatischen Kontinents gilt er als Grundnahrungsmittel und gehört zu vielen beliebten Gerichten dazu. Wenn Du also chinesisch, japanisch oder vietnamesisch essen gehst, findest Du ihn auf jedem Menü. Auch die Herstellung von Tempeh hat eine lange Geschichte. Das grobkörnige, fermentierte Sojaprodukt stammt ursprünglich aus Indonesien. Überlieferungen zufolge verzehrten die dort ansässigen Menschen es schon im 16. Jahrhundert, mit Wahrscheinlichkeit schon viel früher. Kolonialmächte brachten den Tempeh in die Niederlande und seit dem 20. Jahrhundert verbreitet er sich in der ganzen Welt. Die Geschichte dieser Lebensmittel zeigt, dass sie kein Fleischersatz, sondern eigenständige Produkte sind, die Veganer*innen mit Freude auf ihren Speiseplan setzen.
Auch wenn die Supermarktregale sich mit immer mehr pflanzlichen Alternativen füllen, widerstrebt es vielen Menschen noch immer, Ersatzprodukte zu probieren. Oft heißt es, diese seien voller Chemie und hochverarbeitet. Tierische Produkten hingegen seien natürlich. Dabei geht unter, dass die sogenannten Nutztiere schon lange nichts mehr mit ihren Vorfahren gemein haben. Sie wurden so gezüchtet, dass sie einen besonders hohen Ertrag an Fleisch, Milch und Eiern erbringen – mit Natürlichkeit hat das nichts zu tun. Zudem haben auch Wurst- und andere tierische Produkte eine lange Zutatenliste. Dennoch gilt die Kritik vielmehr der veganen Bewegung. Dabei haben einige Methoden zur Verbesserung der Haltbarkeit und zur Veränderung des Geschmacks eine lange Tradition – und sind chemische Prozesse. Beispiele sind Fermentieren, Räuchern und sogar Kochen selbst. Gurken, Kimchi und Kraut können wir dank dieser Aufbereitungsart lange aufbewahren und das leckere säuerliche Aroma genießen. Uns stehen Lebensmittel zur Verfügung, die wir im rohen Zustand nicht vertragen würden.
Sojaprodukte wie Tofu und Tempeh entstehen auch durch Verarbeitung und haben eine lange Tradition in asiatischen Ländern. Die ansässige Bevölkerung würde diese nicht als unnatürlich oder hochverarbeitet einstufen. Gleiches gilt für die Herstellung von Käse und Butter, die ebenfalls chemische Prozesse sind. Zudem haben die meisten Obst-, Gemüse- und Getreidesorten eine lange Züchtungsgeschichte hinter sich. Trotzdem gehören diese in einem ausgewogenen Speiseplan dazu – im Gegensatz zu giftigen Pilzen. Diese sind zwar natürlich, aber deshalb noch lange nicht gut für uns. Umgekehrt bedeutet dies auch, dass vermeintlich unnatürliche Produkte nicht schlecht für uns sind.