Ein Herz für Gänse

Dumme Gans, Weihnachtsgans oder Martinsgans – das sind wohl die häufigsten Assoziationen mit Gänsen. Völlig zu Unrecht, denn die gefiederten Tiere sind wundervolle Zeitgenossen und entzücken uns mit ihrer intelligenten sowie fürsorglichen Art.

Wer ist hier eine dumme Gans?

Der direkte Vorfahre der Hausgans, die wir aus der Landwirtschaft kennen, ist die Graugans – auch als Wildgans bekannt. Zwar kann die Hausgans im Gegensatz zur Wildgans nicht fliegen und ist lieber zu Fuß unterwegs, doch das liebevolle Weidetier hat einige Fähigkeiten auf Lager, von denen Du bestimmt noch nichts gehört hast. Gänse sind interessante Zeitgenossen, die viel Zeit und Energie in die Beziehungen mit ihren Familien- und Herdenmitgliedern stecken sowie über ausgeprägte soziale als auch kognitive Fähigkeiten verfügen. Obwohl sie zu den ältesten domestizierten Vogelarten gehören, haben sie von ihren Vorfahren einige Eigenschaften behalten.

 

Mit allen Sinnen

Zwar ist die Flugfähigkeit bei Hausgänsen vermindert, doch mit ihren kräftigen Beinen können sie weite Strecken laufen und auf diese Weise potenziellen Gefahren entgehen. Dabei hilft ihnen auch ihr gut ausgebildetes Seh- und Hörvermögen sowie ihr guter Geruchssinn. Ihre Augen sind ihr wichtigstes Sinnesorgan, mit dem die Tiere Farben erkennen und sogar sehen können, was sich hinter und über ihnen abspielt. Das macht sie zu wachsamen Beobachtern, die schnell Bedrohungen wahrnehmen können. Nähert sich beispielsweise ein Beutegreifer, so reagieren die cleveren Tiere mit schlauen Tricks und schlagen Alarm, um den Angreifer zu irritieren.

 

Tierisches Familienglück

In freier Wildbahn leben Gänse in großen Familienverbänden, von denen sie sich fast nie lösen. Wenn die Fortpflanzungszeit ansteht, finden Gans und Gänserich als Paar zusammen und umwerben einander in Form eines „Tanzes“ im offenen Wasser. Während der Paarung schwimmen sie Seite an Seite und umgarnen einander mit grazilen Bewegungen. Das Pärchen bleibt meist lebenslang in dieser monogamen Verbindung, um den Nachwuchs gemeinsam im Familienverband aufzuziehen.

Zwar brütet ausschließlich das Weibchen die Eier circa 28 Tage lang aus, doch der Gänserich ist nicht weit entfernt und beschützt seinen Nachwuchs und das Nest vor Eindringlingen. Nähert sich eine Gefahr, so nimmt er eine bedrohliche Pose an und versucht, den Feind mit lautem Zischen zu vertreiben. Wenn all das nichts nützt, so geht er in den Angriff über. Verlässt sein Nachwuchs im Alter von einigen Tagen das Nest, übernimmt er gemeinsam mit der Gans die Versorgung der kleinen Gänseküken.

 

 

Starker Zusammenhalt

Während des ersten Lebensjahres verarbeitet der Nachwuchs viele Eindrücke aus der Umwelt mithilfe seiner hohen Auffassungsgabe und seines guten Gedächtnisses. Dank ihrer sozialen Intelligenz können Gänse auch mit anderen Artgenossen ein reges Miteinander führen. Insbesondere ihre Kommunikationsweise veranschaulicht ihr komplexes Sozialverhalten: Sowohl durch Ausdrucksbewegungen als auch durch verschiedene Laute können die Vögel ihr Innenleben nach außen tragen. Sind Küken besonders ängstlich oder zufrieden, können die anderen Artgenossen dies anhand ihrer Rufe unterscheiden.

Auch erwachsene Tiere nutzen ihre Stimmgewalt, um andere Herdenmitglieder beispielsweise vor Gefahren zu warnen. Denn nicht nur ihre ausgezeichneten Sinne und ihre Intelligenz sind ein guter Schutz gegen natürliche Feinde, sondern auch der starke Zusammenhalt in der eigenen Herde. In gefährlichen Situationen stehen die Tiere einander zur Seite und verteidigen sich sowie ihre Artgenossen mit lautstarken Drohgebärden und heftiger Gegenwehr.

In friedlichen Situationen allerdings verbringen Gänse gerne Zeit mit sozialen Aktivitäten und ihrer ausgiebigen Gefiederpflege im Wasser. Tauchend und sich schüttelnd säubern sie sich und ordnen ihr Gefieder neu. Was für uns nach dem Baden die Körpercreme ist, übernimmt bei Gänsen die Bürzeldrüse über dem Schwanz. Sie produziert Öl, das die Tiere auf ihrem Gefieder verteilen, um es wasserfest zu machen und über eine gute Wärmeregulierung zu verfügen.

 

Tierliebe fängt beim Essen an

Mit 20 Jahren bei Wildgänsen und 15 Jahren bei Hausgänsen ist die natürliche Lebenserwartung recht hoch. Leider bekommen Gänse in der Landwirtschaft nicht die Gelegenheit, diese Zeit mit ihren Artgenossen und ihrem Nachwuchs zu verbringen, da sie für ihr Fleisch geschlachtet werden. Besonders viele dieser liebevollen und sozialen Tiere müssen ihr Leben lassen, um als Martins- oder Weihnachtsgans die Festtafel zu schmücken

Doch auch für ihre Daunen und für die vermeintliche Delikatesse Stopfleber – auch Foie gras genannt – müssen die Tiere leiden. Zwar sind das Stopfen und Rupfen von lebenden Tieren in Deutschland verboten, doch Importe der Produkte aus anderen Ländern kommen der Nachfrage bei und verursachen damit enormes Tierleid. 

Mit einer veganen Ernährungs- und Lebensweise können wir Gänsen unseren Respekt zeigen. Schließlich gibt es eine riesige Bandbreite an Zutaten, mit denen wir leckere Gerichte kochen und köstliche Kuchen backen können – ganz ohne tierische Produkte. In „Tierschutz genießen – Die Vorratskammer“ haben wir die wichtigsten Zutaten einer pflanzlichen Ernährung zusammengefasst. Sie steht Dir hier zum kostenlosen Download zur Verfügung. Auf unserer Rezeptseite sowie in „Tierschutz genießen“ und „Tierschutz genießen – Das Backbuch“ findest Du außerdem herzhafte als auch süße Inspirationen, die gänzlich ohne Tierleid auskommen und dafür voller leckerer Zutaten sind. Wie wäre es darüber hinaus beispielsweise mit einer köstlichen veganen „Faux gras“? Unser Rezept kommt völlig ohne Gans aus und vereint stattdessen köstliche Nüsse, Gemüsesorten und Kräuter.

Von Melanie Frommelius, Redakteurin beim Deutschen Tierschutzbund